Wenn Hunderziehung nicht gelingt
Der Weg zur unendlichen Geschichte
Je länger du dich mit einem Thema in der Erziehung deines Hundes aufhältst, umso schwerer wird es. Meist wird dann daraus schnell eine unendliche Geschichte, für die es immer schwerer wird ein schönes Ende zu finden.
Was sind die Gründe dafür?
Fehlende Distanz
Dir fehlt die Distanz zu deinem Hund. Damit meine ich ganz konkret: die Abgrenzbarkeit deiner inneren Haltung. Siehst du deinen Hund wirklich als Hund? Bringst du in diese Beziehung das ein, was dein Hund physisch und psychisch braucht? Was erwartet dein Hund überhaupt von dir?
Dein Hund erwartet von dir Sicherheit und einen klaren Rahmen, den er mit seinen Anlagen ausfüllen kann. Dazu gehört ein Schlafplatz, frisches Wasser, Futter, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, gelegentliche Treffen mit bekannten Artgenossen und, dass er an deinem Leben teilhaben kann.
Konzept
Dir fehlt ein passender Weg. Oft erlebe ich, dass zu viel versucht und probiert wird. Da wird Konzept X versucht, funktioniert nicht, also wird zu Methode Y gewechselt, welche auf Dauer auch nicht funktioniert. Du benötigst einen Weg, den du verinnerlichst, den du umsetzen kannst, hinter dem du wirklich stehst und den du verstanden hast.
Setze nichts um, wohinter du nicht zu 100% stehst. Es kann noch so schön beschrieben sein, wenn du es nicht wirklich mit Leben ausfüllen kannst, ist es nicht dein Weg und du wirst es deinem Hund nie authentisch vermitteln können. Dein Hund entlarvt dich schneller als du bis drei zählen kannst.
Eindeutigkeit
Dir fehlt Klarheit und dadurch verlierst du dich mit deinem Hund in endlosen Diskussionen. So kann dein Hund seine Grenzen nicht erkennen und du wirst im besten Fall zu einem störenden Element, oder im schlimmsten Fall beginnt dein Hund dich zu meiden. Ständige und sich immer wiederholende Korrekturen werden schnell zur nervenden Gängelei, auf die dein Hund dann in der Folge überhaupt nicht mehr reagiert.
Stelle dich der Individualität deines Hundes, damit er eine Grenze auch als Grenze akzeptiert. Eine generelle Handlungsempfehlung darf es hier nicht geben. Das laute Wort, was vielleicht einen Chihuahua aufhorchen lässt, registriert der Bernhardiner überhaupt nicht. Die körperliche Berührung, die der Bernhardiner braucht, wäre hingegen für den Chihuahua viel zu viel – er würde die Welt nicht mehr verstehen.
Zeit, Ort, Situation
Für die Störung oder Unterbrechung eines unerwünschten Verhaltens, hast du ein ganz enges Zeitfenster von 0,5 bis 2 Sekunden zur Verfügung. Nur wenn du schnell genug bist, kann der Hund eine Verknüpfung zu genau diesem Verhalten herstellen. Dir fehlt jedoch oft die Geschwindigkeit. Somit ist der Hund schon wieder ganz woanders, körperlich und geistig. Er kann sein Verhalten nicht mehr zuordnen und wird somit nie die passende Lösung finden können. Aus seiner Sicht macht er sowieso nie einen Fehler, es gibt nur ab und an Verhalten, dass eben gerad nicht in deinen Kontext passt.
Ändert sich dein Hund daraufhin, musst du genau so schnell auch wieder umschalten und seine Änderung wohlwollend loben. Hänge nicht zu lange, gedanklich und körperlich einem „Fehlverhalten“ nach. Das ist rein menschlich, Hunde können damit nichts anfangen.
Und jetzt?
Reflektiere einmal genau für dich, ob du in den oben genannten vier Punkten; Distanz, Konzept, Eindeutigkeit, Zeit – Ort – Situation, noch Potential zur Verbesserung hast. Dabei kann dich am besten eine neutrale Person unterstützen oder auch ein Hundefreund/in bei der Begleitung in den Situationen, wo du nicht weiterkommst.
Aus meiner Erfahrung sind das die wichtigsten Ansatzpunkte, damit Hundeerziehung gelingt. Du wirst nichts verbessern, mit einem Seminar nach dem anderen, noch mit einem Stapel an Büchern die du verschlingst oder mit der ständigen Beschäftigung mit deinen Schwachstellen. Was dich vorwärts bringt, ist die ehrliche Analyse der oben genannten Punkte und danach ein realistisches Ziel mit einem Handlungsplan, der dir den Weg dahin ebnet. Diesen Weg musst du danach beständig umsetzen, mit täglicher Selbsterfahrung.
Herzliche Grüße Kai
„Führung braucht Vertrauen“