Umerziehung

Ein ganz lieber Hund

„Eigentlich habe ich einen ganz lieben Hund, eigentlich! Also, im Haus ist er ganz toll, nur draußen hört er nicht auf mich. Aber drinnen ist alles ganz wunderbar.“ So oder so ähnlich beginnen viele meiner Gespräche mit Hundehaltern zum Start in einen Veränderungsprozess zur Umerziehung. Warum ist das so und was kannst du sofort ändern?

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In der Wohnung ist die Oase der Ruhe und Entspannung.

Drinnen

Im Haus fühlst du dich wohl, da bist du ganz sicher. Alle Grenzen sind dir bekannt und gut sichtbar. Deine innere Haltung ist erstaunlich klar. Es gibt auch keinen Gegenüber (Besucher ausgeschlossen), vor dem du dich im Umgang mit deinem Hund rechtfertigen musst. Du musst nichts darstellen, keinem etwas beweisen und deine Außenwirkung ist dir völlig egal. Du bist, wie du bist! Authentisch! Einfach du – glaubwürdig, unverwechselbar, ehrlich.

Draußen

Geht es jetzt vor die Tür, beginnen die Unklarheiten schon an der ersten Schwelle. Du veränderst dich. Deine innere Ruhe weicht, du bist nicht mehr klar, nicht mehr eindeutig. In aller Regel schaust du jetzt sehr viel nach deinem Hund und bist sehr viel in der Kontrolle. Vielleicht fühlst du dich auch beobachtet durch die Menschen, die euch begegnen und durch andere Hundealter. Dein Überwachungssystem läuft auf Hochtouren. Die Bewertungen aus vorherigen Erlebnissen mit deinem Hund sind plötzlich sehr präsent und du kannst förmlich spüren, was als nächstes passiert. Dadurch verändert sich deine Körperspannung, deine Mimik, dein Geruch, dein Herzschlag und alle deine Sinne sind hellwach. Das bleibt deinem Hund nicht lange verborgen, alles überträgt sich und auch seine Sinne sind sofort angeschaltet. Auch seine Körperspannung ändert sich, die Orientierung geht blitzschnell ins außen und ihr verliert den Kontakt zueinander. Eure schöne Verbindung reißt ab!

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Starte gemeinsam und in Ruhe – das ist wichtig. Was in Ruhe beginnt, geht auch ruhig weiter.

Verhinderung durch Überlegenheit

In der Folge erlebe ich Hundehalter, die ihrem Hund jetzt hauptsächlich über eine Verhinderung durch die Welt führen. Dabei wird oft die Überlegenheit an Kraft ausgespielt und der Hund nur blockiert, wodurch es an der Leine zieht und zerrt. Wäre keine Leine am Hund, wäre der Hund weg. Doch gerade dieser Zug und Druck erzeugt immer Gegenzug und Gegendruck. Dieser Oppositionsreflex, der somit im Hund erzeugt wird, bringt euch weiter auseinander. Beende dieses Tauziehen und rede dir solche Situationen nicht länger schön: „Er will nur mal Hallo sagen; er ist noch so jung; er muss auch mal spielen; jetzt hat er wieder seine fünf Minuten.“

Verständnis der Umerziehung

So wird dein Hund keine Chance bekommen zu verstehen, was du von ihm möchtest. Viel mehr wird er sich seinem Schicksal ergeben und glauben, das alles so sein muss. Er wird sich noch mehr in die Leine legen und es entsteht eine Krafteinwirkung auf den Hundehals oder den Brustkorb, welche schnell ein Vielfaches seines Körpergewichtes beträgt. In aller Regel passt er sich an, indem er sich daran gewöhnt, noch stärker zieht und seine Aufmerksamkeit immer weiter von dir weg ins außen richtet.

Nimm drinnen mit nach draußen

Geh mal wieder raus, nur um draußen zu sein und trenne dich vom Gedanken ständig ein Ziel zu haben. Auch die Zeit und der Weg sind nicht mehr wichtig. Wichtig ist nur die Gemeinsamkeit mit deinem Hund, draußen! Lass den Hund den Kontakt zu dir suchen, so wie er es drinnen auch häufig tut. Lobe ihn viel dafür und wertschätze alle Angebote, die er dir macht. Diese Wertschätzung muss ehrlich sein. Streichel und huschel ihn viel, so wie du das drinnen auch regelmäßig tust. Nimm dir viel Zeit dafür. Hetze nicht mehr durch die Welt und arbeite keinen „Gassiplan“ ab. Stelle dich nur Situationen, die du mit deinem Hund gemeinsam meistern kannst. Steigere diese Situationen langsam und lass den Kontakt zu deinem Hund dabei nicht abreißen. Entlasse ihn nicht aus der Gemeinsamkeit. Dazu gehört immer eine Entscheidung zu treffen – entweder für deinen Hund oder für  einen anderen Gegenüber, zum Beispiel beim Treffen auf andere Menschen und Hunde. Beende immer erst den Dialog mit deinem Hund, indem du dich gerade befindest. Bitte den Gegenüber das zu akzeptieren und vermittel ihm das auch ganz freundlich und eindeutig: „Warte bitte einen kurzen Moment, ich bin gleich für dich da.“ Diese kurze Ansprache gibt auch deinem Gegenüber schnell absolute Handlungsklarheit und Wertschätzung. Du kannst deinen Hund so in dieser Situation noch ansprechbar halten und dich im Anschluss dem menschlichen Sozialkontakt zuwenden.

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Gemeinsam geht es dann in die Welt. Führe deinen Hund liebevoll, bleib aber hart an den Punkten, die für dich wichtig sind.

Fazit

Entspanne dich draußen, indem du dich nur in Situationen begibst, bei denen der Weg das Ziel ist. Trenne dich zeitweise von allen Zielen. Du musst nicht immer diese Strecke gehen, nicht immer die vorgegebene Zeit und nicht immer das gleiche Programm abspulen. Nimm dir vielmehr genug Zeit im draußen für ein liebevolles und ruhiges Miteinander und bleibe immer so lange im Dialog mit deinem Hund, wie ihr beide das braucht.

„Mach dein drinnen ab sofort zum neuen draußen!“

Nimm also euere schönen Momente, die Ruhe und dein herzliches Lob einfach mit in die Welt da draußen. Viel Freude dabei…

Herzliche Grüße Kai

„Damit Mensch und Hund sich verstehen“